DFG-Projekt: Elektronische Dissertationen Plus (eDissPlus)

Projektbeschreibung

Zur Projektwebsite: https://www2.hu-berlin.de/edissplus

 

Ziele

Ziele des beantragten eDissPlus-Projekts sind die Konzeption und die prototypische Entwicklung eines integrierten Angebots zur Archivierung und Veröffentlichung von Forschungsdaten, die Promovierende im Rahmen ihres Dissertationsprojekts generieren oder nutzen. Dafür sollen sowohl organisatorische als auch technische Modelle analysiert, geprüft, entwickelt und prototypisch umgesetzt werden.

Darauf aufsetzend soll die Entwicklung von modellhaften Services zur konkreten Unterstützung von Promovierenden bei der Archivierung und Veröffentlichung von Forschungsdaten erfolgen. In diesem Zusammenhang wird auch auf rechtliche Fragen im Umgang mit Forschungsdaten (Datenschutz, Urheberrecht, Verwertung etc.) einzugehen sein. Um Anforderungen und Erwartungen von Promovierenden zum Umgang mit Forschungsdaten ihrer Dissertation für die Projektarbeiten aufzugreifen, werden in Zusammenarbeit mit der Humboldt Graduate School (HGS) Promovierende verschiedener Fachgebiete für Befragungen und Testszenarien in das Vorhaben einbezogen.

Für die Pflichtabgabe von Dissertationen an die Deutsche Nationalbibliothek (DNB) ist es notwendig, den bestehenden Workflow der Pflichtablieferung von Dissertationen gemeinsam mit der DNB zu erweitern, damit die zu Dissertationen gehörenden Forschungsdaten einschließlich beschreibender und technischer Metadaten als OAIS-kompatibles Informationspaket an die DNB übermittelt werden können. Zur persistenten Adressierung und dauerhaften Verknüpfung der an die DNB übergebenen Forschungsdaten in Verbindung mit der dazugehörigen Publikation muss der derzeit praktizierte Service der DNB zur Vergabe von Uniform Resource Names (URN) als persistente Identifier für die langfristige Archivierung erweitert werden.

Kooperationspartner des eDissPlus-Projektes sind die Humboldt Graduate School, die Deutsche Nationalbibliothek und die ETH Zürich.

 

Antragsteller

Prof. Dr. Andreas Degkwitz
Direktor Universitätsbibliothek

Tel.: +49 (0)30 2093-99300
Fax: +49 (0)30 2093-99311
andreas.degkwitz@ub.hu-berlin.de


Dr. Elisabeth Niggemann
Generaldirektorin der Deutschen Nationalbibliothek
Frankfurt am Main


Prof. Dr. Peter Schirmbacher
Direktor Computer- und Medienservice

Tel.: +49 (0)30 2093-70010
Fax: +49 (0)30 2093-2959
peter.schirmbacher@cms.hu-berlin.de

 
 

Ansprechpartner

Niels Fromm
Leiter Arbeitsgruppe Elektronisches Publizieren

Tel.: +49 (0)30 2093-70070
fromm@hu-berlin.de

 

Zusammenfassung

Für Forschende und wissenschaftliche Einrichtungen nimmt die Bedeutung von digitalen Forschungsdaten sowie deren Speicherung und Veröffentlichung permanent zu. Mithilfe IT-basierter Technologien wird die Generierung, Prozessierung und Distribution von Datenbeständen im Kontext von Forschungsprojekten signifikant verbessert und weiterentwickelt. Die verfügbare Technologie führt auch zu neuen IT- und WEB-gestützten Arbeitsweisen der Forschenden, die zugleich eine Weiterentwicklung der organisatorischen und technischen Unterstützung der Forschungsprozesse zur Folge haben. Im Hinblick auf die langfristige Verfügbarkeit und Zugänglichkeit von Forschungsdaten wird die Notwendigkeit eines Forschungsdatenmanagements immer deutlicher.

Durch die Einbeziehung von Forschungsdaten in die Veröffentlichung von Forschungsergebnissen wird der wissenschaftliche Diskurs insgesamt angereichert. Von daher tragen die Archivierung, die Veröffentlichung und die Nachnutzbarkeit von Forschungsdaten wesentlich zur Verbesserung von Forschungsaktivitäten im Sinne von Open Science bei. Für die Wissenschaftler:innen verbinden sich damit eine höhere Akzeptanz innerhalb ihrer Fachdisziplin sowie eine Steigerung ihres Renommees auch über das eigene Forschungsgebiet hinaus.

Promovierende gehören zum wissenschaftlichen Nachwuchs an Universitäten, die in ihren Forschungsvorhaben in zunehmendem Umfang Forschungsdaten generieren, analysieren oder nachnutzen. Bislang gibt es keine ausdrückliche Verpflichtung für Promovierende deutscher Universitäten, Forschungsdaten ihres Promotionsvorhabens langfristig vorzuhalten und im Rahmen ihrer Dissertation zu veröffentlichen. Allerdings gelten die Grundsätze guter wissenschaftlicher Praxis auch für sie, bildet die Promotion doch explizit eine eigenständige wissenschaftliche Leistung. Von daher sind auch die dem Dissertationsvorhaben zugrunde liegenden und mit diesem unmittelbar verknüpften Forschungsdaten zur Überprüfung und Nachvollziehbarkeit von Ergebnissen langfristig bereitzustellen. Bedenkt man in diesem Zusammenhang, dass Promovierende häufig die Universität, an der sie promoviert haben, oder gar die akademische Welt nach Abschluss des Promotionsverfahrens verlassen, wird deutlich, wie prekär es um die Sicherung der Verfügbarkeit dieser Forschungsdatenbestände steht und wie wichtig Aktivitäten direkt in Zusammenhang mit der Abgabe der Dissertation sind.

Angesichts dessen sind Serviceangebote erforderlich, die ein professionelles Forschungsdatenmanagement für Dissertationsvorhaben unterstützen. Dies sollte zum einen Softwaretools und ihre Einbettung in das universitäre Umfeld umfassen, die den Promovierenden unmittelbar beim Forschungsdatenmanagement, also der Verwaltung, Auswahl, Beschreibung und Speicherung von Forschungsdaten unterstützen. Zum anderen muss ein auf den tatsächlichen Bedarf ausgerichtetes Beratungsangebot aufgebaut werden, das den Promovierenden etwa bei der Auswahl eines geeigneten Metadatenschemas zur Beschreibung oder der Auswahl eines geeigneten Fachrepositoriums zur Archivierung der Daten Unterstützung bietet. Zudem sind viele rechtliche Fragen im Umgang mit Forschungsdaten noch offen, so dass auch eine rechtliche Beratung angeboten werden sollte.

 

Arbeitspakete

AP1 Anforderungsanalyse und Umsetzungskonzeption: In diesem Arbeitspaket werden zunächst die Anforderungen der Promovierenden an Archivierung und Veröffentlichung von Dissertationen mit Forschungsdaten aus verschiedenen Fachdisziplinen ermittelt. Mit Unterstützung der Humboldt Graduate School (HGS) werden Promovierende aus möglichst verschiedenen Fachdisziplinen für eine Zusammenarbeit gewonnen. Die HGS betreut aktuell rund 1100 Promovierende aus unterschiedlichen Disziplinen. Viele Dissertationsvorhaben entstehen dabei in größeren Forschungsprojekten, Exzellenzclustern oder interdisziplinären Arbeitsgruppen. Sie sind oft auf mehrere Institute oder Forschungseinrichtungen verteilt, so dass bei der Erzeugung von Forschungsdaten sehr unterschiedliche Anforderungen zu berücksichtigen sind.

Auf der Basis konkreter Dissertationsvorhaben werden die Anforderungen an Archivierung und Veröffentlichung der Textfassung einer Dissertation mit den dazugehörigen Forschungsdaten umfassend dokumentiert. Gegenwärtig gibt es zu den Anforderungen und ihren Lösungen nur einen unvollständigen Überblick. Dazu zählen beispielsweise die Auswahl und Definition von für das jeweilige Dissertationsprojekt relevanten Forschungsdaten bzw. entsprechender Datensätze in verschiedenen Aggregationsstufen (Roh-, Primär-, Sekundärdaten) und unter Berücksichtigung der möglichen Datentypen, Versionen und Bearbeitungsmöglichkeiten. Weiterhin müssen disziplinäre Lösungen zu Archivierung und Veröffentlichung sowie disziplinspezifische Vorgaben für den Zugang und die Aufbereitung (Metadatenschemata, Datenformate etc.) Beachtung finden.

AP2 Services und Verfahren: Aufbauend auf der konzeptuellen Vorarbeit in AP1 werden in diesem Arbeitspaket an beiden Partnereinrichtungen bestehende Verfahren und Services zur Speicherung von Forschungsdaten während des Forschungsprozesses, zur Archivierung und/oder Veröffentlichung von Forschungsdaten sowie zum Nachweis von extern archivierten/veröffentlichten Forschungsdaten identifiziert und weiterentwickelt. Dazu gehören technische Verfahren wie die Aufbereitung der Forschungsdaten mit Metadaten und die Definition sinnvoller Einheiten (Datensätze), die persistent adressierbar sind und ein Versionierungskonzept für Datensätze, die gegebenenfalls durch andere Personen als die Datenproduzenten nachgenutzt werden.

Neben technischen haben die in AP1 formulierten Anforderungen auch organisatorische Implikationen. Im Einzelnen sind beispielsweise Schritte wie die Annahme und technische Prüfung von Dissertationen mit Forschungsdaten, die Dokumentation und gegebenenfalls Nachbearbeitung, die Prüfung von Archivierung/Veröffentlichung auf externen Angeboten und ihr Nachweis durch die Übernahme von Metadaten und die Ausstellung einer Veröffentlichungsbescheinigung zu berücksichtigen.

An der HU ist es erforderlich, die bereits bestehende Zusammenarbeit zwischen dem Computer- und Medienservice und der Universitätsbibliothek bei der Betreuung von Promovierenden auszubauen und Verantwortlichkeiten zu benennen. Dazu zählt die Erweiterung des bestehenden Ablieferungsworkflows, aber auch ein umfassendes Service- und Beratungsangebot für Promovierende, Betreuer von Dissertationen sowie für Bibliothekare (Fachreferenten), die bei der Aufbereitung von Dissertationen mit Forschungsdaten Unterstützung bieten können.

AP3 Technische Realisierungsmodelle: Die in den vorherigen Arbeitspaketen gewonnenen Einsichten zu Anforderungen und Bedarfslagen werden zunächst konzeptionell beschrieben und als Umsetzungsszenarien in Form von Workflows modelliert (APs 1 und 2). Anschließend erfolgen in AP3 die Entwicklung technischer Realisierungsmodelle und die Evaluation entsprechender unterstützender Software und deren prototypische Implementierung.

Die Softwarelösungen und technischen Realisierungsmodelle sollen

  • den Metadatennachweis für Forschungsdaten und Dissertationstext bei HU und DNB berücksichtigen, wenn ein zentrales/disziplinäres Forschungsdatenrepositorium für die Archivierung/Veröffentlichung genutzt wird,
  • die HU-eigenen Repositorien berücksichtigen, wenn eine Archivierung/Veröffentlichung nicht für ein zentrales/disziplinäres Forschungsdatenrepositorium vorgesehen ist und/oder die Erstellung einer Kopie der Forschungsdaten notwendig ist (wird in den APs 1 und 2 geprüft) und
  • die DNB-Infrastruktur zur Archivierung/Veröffentlichung der Forschungsdaten berücksichtigen, sofern im Sinne des Sammelauftrags die Erstellung einer Kopie notwendig ist (wird in den APs 1 und 2 geprüft).

Wie bereits dargestellt wurde, werden unterschiedlichste Szenarien der Verlinkung, Veröffentlichung und Archivierung von Forschungsdaten auch innerhalb eines individuellen Dissertationsprojekts zu berücksichtigen sein.

AP4 Kommunikation und Projektmanagement: Die Kommunikation und Verbreitung der Projektergebnisse (Guidelines, Archivierungs- und Veröffentlichungsstrategien, Ingest-System, URN-System) durch die beiden Partnereinrichtungen sind der Schwerpunkt dieses Arbeitspakets. Die entsprechenden Maßnahmen zur Öffentlichkeitsarbeit adressieren verschiedene Zielgruppen sowohl an den Partnereinrichtungen selbst als auch Universitäten, Forschungseinrichtungen sowie Einrichtungen und Initiativen der Informationsinfrastruktur in erster Linie auf nationaler Ebene, da die Nutzung der prototypischen Projektergebnisse angestrebt wird. Es ist unter anderem geplant, mit DINI e. V. eine Schrift zur Veröffentlichung von Dissertationen mit Forschungsdaten zu veröffentlichen. Über nestor soll der Schwerpunkt „Archivierung von Forschungsdaten mit Dissertationen“ kommuniziert und publiziert werden. Darüber hinaus wird auch der Austausch auf internationaler Ebene angestrebt.

Die Verantwortlichen der einzelnen Fakultäten, Verwaltung, Universitätsleitung, beteiligter Infrastruktureinrichtungen und der Humboldt Graduate School (HGS) sowie Promovierende außerhalb der HGS an der HU werden – mit unterschiedlichen Zielstellungen – durch Workshops und Schulungen über die Möglichkeiten der Abgabe der Promotion mit Forschungsdaten informiert. Dieses Angebot dient der Ergänzung zu den in AP2 erstellten Guidelines.

Die Projektpartner werden die Projektergebnisse an anderen deutschen Universitäten in Workshops vorstellen und mit ihnen gemeinsam die Übertragbarkeit prüfen. Das erwartete Feedback dient der Vorbereitung des Einsatzes und der Implementierung an weiteren deutschen Universitäten. Nach Ende der Projektlaufzeit und der entsprechenden Weiterentwicklung nach dem Pilotbetrieb wird das Ingest-System in die technische Infrastruktur der HU überführt und weiter betrieben.